Abrechnen an der Ladestation:
Abrechnungsmodelle, Verbrauchserfassung
Zentrale Bestandteile der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge sind die Verbrauchserfassung und die damit verbundenen Abrechnungsmodelle. Vor allem in Wohnanlagen und (halb-)öffentlichen Bereichen sind diese Aspekte wichtig, weil in der Regel mehrere Nutzer an den vorhandenen Ladestationen ihre E-Autos aufladen.Die Art der Nutzung und der Standort sind deshalb maßgebliche Faktoren für das korrekte Abrechnungsmodell. Darüber hinaus müssen gesetzliche Vorgaben eingehalten werden, etwa im Hinblick auf die Eichkonformität der Ladestationen. Mit der neuen Ladesäulenverordnung kommen noch weitere Anforderungen für den Betrieb von Ladeeinrichtungen hinzu, die beispielsweise einheitliche Bezahlsysteme für öffentliche Ladepunkte vorsehen.
Ladeinfrastruktur fördern
durch passende Abrechnungsverfahren
Mit dem Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) sowie der Neuauflage der Ladesäulenverordnung soll die Elektromobilität in Deutschland wichtige Impulse erhalten. Das betrifft aber nicht nur den Auf- und Ausbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur, die das Aufladen von Elektrofahrzeugen idealerweise überall ermöglichen soll.
Es geht außerdem darum, die Nutzung der Lademöglichkeiten zu vereinheitlichen und sie damit zu vereinfachen. Im öffentlichen Bereich etwa sollen einheitliche Bezahlsysteme die Nutzerfreundlichkeit verbessern und den Zugang zu Ladesäulen sowie zur Elektromobilität im Allgemeinen erleichtern.
Die Grundlage bleibt in jedem Fall eine geeignete Verbrauchserfassung und passende Abrechnungssysteme. Welche Optionen in Frage kommen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Es ist vor allem darauf zu achten, wo die Ladestationen installiert sind und wie diese genutzt werden. Besonders für halböffentliche und öffentliche Ladeeinrichtungen muss gesichert sein, dass der von jedem Nutzer geladene Strom präzise erfasst und abgerechnet werden kann. Dazu stehen – je nach Voraussetzungen – verschiedene Optionen zur Verfügung.
Abrechnung & Verwaltung:
Was beim Aufbau der Ladeinfrastruktur zu beachten ist
Bei der Installation von Ladestationen sind unterschiedlichste Fälle zu unterscheiden: von der privaten Nutzung der Wallbox, die mit Strom aus der eigenen PV-Anlage betrieben wird bis hin zu öffentlichen Ladeeinrichtungen mit mehreren Ladestationen und -punkten, die gleichzeitige Ladevorgänge ermöglichen. Für komplexere Infrastrukturen sind Maßnahmen zur Überwachung, Auswertung und Abrechnung der Ladevorgänge erforderlich, die sogenannten Backend-Systeme. Die Ladesäulenverordnung gibt in dieser Hinsicht konkrete Richtlinien vor, die sich in der Praxis auf den Aufbau einer öffentlichen Ladeeinrichtung auswirken.
Verschiedene Geschäftsmodelle (wie die Abrechnung von verkauftem Strom) oder bilanz- und steuerrechtliche Gründe (Zuordnung von Stromkosten zu bestimmten Kostenstellen etc.) machen Abrechnungssysteme ebenfalls erforderlich. Dazu wiederum braucht es in vielen Fällen eine anwenderfreundliche Authentifizierung der Nutzer, damit die abgerufenen Ladeleistungen korrekt zugeordnet und abgerechnet werden können.
Nutzerfreundlichkeit, Daten & mehr:
Weitere Aspekte bei der Abrechnung an Ladestationen
Eichkonformes Laden:
Mehr Transparenz für die E-Mobilität
Wer sein Fahrzeug mit Benzin oder Diesel betankt, kann sicher sein: Die angezeigte Kraftstoffmenge ist auch tatsächlich im Tank gelandet. Denn die Zapfsäulen sind geeicht und werden dahingehend regelmäßig vom Eichamt geprüft.
Beim Aufladen von Elektrofahrzeugen ist die Lage teilweise weniger eindeutig. Das gilt vor allem für öffentliche Ladestationen, für die es lange Zeit keine verbindlichen Vorgaben für das eichrechtskonforme Laden gab.
Für eine transparente Ladeinfrastruktur mit nachvollziehbarer Marktsituation sind klare Anwendungsregeln jedoch unerlässlich. Schon deshalb, weil das Geschäftsmodell im Vergleich zum Tanken von fossilen Kraftstoffen deutlich komplexer ist. Eichrechtskonformes Laden von E-Autos geht über die Messwerterfassung hinaus und beinhaltet Möglichkeiten zur Speicherung und Übermittlung von Daten.
Um mehr Klarheit zu schaffen, hat der VDE – ergänzend zu den Bestimmungen des deutschen Mess- und Eichrechts – Anwendungsregeln für die eichrechtskonforme Abwicklung von Ladestrom, Zählung und Abrechnung entwickelt.
Verbesserungen für die Abrechnung
an Ladestationen
Die Problematik der Abrechnung beim Aufladen des Elektrofahrzeugs wurde auf europäischer Ebene bereits 2014 im Rahmen einer Richtlinie aufgegriffen. Die „Alternative Fuels Infrastructure Directive“ (EU-Richtlinie 2014/94/EU AFID) legte bereits die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine Vereinheitlichung der Ladetechnik fest, seit dem 1. April 2019 ist sie im deutschen Mess- und Eichrecht umgesetzt.
Voraussetzungen und Anforderungen
an öffentliche Ladestationen
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Voraussetzungen für den Aufbau einer eichrechtskonformen Ladeeinrichtung
Betreiber von öffentlichen Ladestationen benötigen für den Aufbau eine Baumusterprüfbescheinigung. Diese stellt eine Konformitätsbewertungsstelle (wie etwa der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik VDE) aus, sobald ein Konformitätsbewertungsverfahren erfolgreich durchlaufen wurde.
Um die Zertifizierung zu erhalten, müssen die Betreiber spezifische Hard- und Softwarelösungen vorweisen, die ein manipulationssicheres Messen bzw. Energiezählen gewährleisten. Dazu muss die verwendete Messkapsel (Logging Gateway, LGW), die für die Verarbeitung von Messdaten und -informationen bei jedem Ladevorgang zuständig ist, bestimmte Kriterien erfüllen:
- Die erhobenen Daten und Informationen müssen unverwechselbar signiert und gespeichert werden.
- Nach der Erfassung sind Datensätze und Messwerte an einen Backend-Speicher zu übertragen.
Auf diese Weise ist es möglich, die gesicherten Daten auch nachträglich auszulesen. Der Zugriff gilt dabei für zuständige Behörden und Berechtigte.
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Eichrechtskonforme Messsysteme für Ladestationen
An den Ladestationen soll der Nutzer eindeutig ablesen können, wie viel elektrische Energie für das Aufladen des Elektrofahrzeugs bezogen wurde beziehungsweise, wie lange der Ladevorgang gedauert hat. Auf dieser Grundlage muss klar nachprüfbar sein, wie der aufgerufene Preis – entweder anhand der gemessenen Kilowattstunden oder nach Zeitwert – berechnet wird. Dazu muss eine beweissichere Übertragung der Messwerte von der Ladestation zum Backend gewährleistet sein.
Eichrechtskonforme Systeme
Die Messgrößen „Zeit“ und „Energiemenge“ (in kWh) waren schon vor der Novellierung des Mess- und Eichrechts von 2015 eichpflichtig. Für die Erfassung waren deshalb konformitätsbewertete Messgeräte erforderlich. Beim Verkauf von Energie – unabhängig davon, ob dieser direkt oder indirekt erfolgt – braucht es außerdem einen Nachweis sowohl der eichrechtskonformen Zählung als auch der eichrechtskonformen Belegführung.
Das bedeutet: Ein eichrechtskonformes Messsystem für Ladestationen setzt sich immer aus einem geeichten Zähler und der dazugehörigen Anzeige zusammen. Laut § 3 Nr. 24b MessEG gelten diese Anzeigen als Zusatzeinrichtungen und müssen deshalb ebenfalls geeicht sein. Eine Konformitätsbewertung des gesamten Systems wird erst möglich, wenn eine solche Zusatzeinrichtung für die Datenaufbereitung und -übermittlung verwendet wird.
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Anforderungen an Ladestationen
Das Eichrecht stellt eine Reihe von Anforderungen an Ladestationen. Dazu gehören:
- Über die Anzeige an der Ladestation müssen die erfassten Zählerdaten für den Nutzer sichtbar gemacht werden.
- Die eingebauten Messeinrichtung in der Ladestation müssen beim Hersteller ein Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen und geeicht werden. Im Messsystem muss darüber hinaus eine geeignete Einrichtung enthalten sein, um digitale Signaturen zu erstellen.
- Die erfassten und übermittelten Datensätze müssen mindestens enthalten: die Messwerte (d. h. Anfangs- und Endzählerstand oder die Differenz zwischen den Zählerständen), die Einheit des Messwerts (in der Regel kWh), einen Zeitstempel, die eindeutige ID der Ladevorrichtung sowie die ID des Kunden oder der Transaktion.
- Neben den Anzeigen sind für Ladestationen weitere Zusatzeinrichtungen gefordert. Das betrifft vor allem Backend-Systeme, die unter anderem die sichere Übertragung von signierten Datensätzen oder eine nachträgliche Prüfung der Messdaten durch den Nutzer möglich machen.
Alle diese Maßnahmen sollen dazu dienen, den Ladevorgang an einer öffentlichen Ladesäule so transparent und einfach wie möglich zu gestalten. Vom Anschließen des Elektrofahrzeugs bis zur Abrechnung sollen alle Vorgänge sicher, unkompliziert, automatisch und eichrechtskonform sein. Durch die verbesserte Nutzerfreundlichkeit soll der Zugang zur Elektromobilität deutlich erleichtert werden.
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Ausnahmen vom Mess- und Eichrecht
Tatsächlich gibt es manche Fälle, in denen die Regelungen des Mess- und Eichrechts bezüglich der Messgrößen „Zeit“ und „Energiemenge“ keine Gültigkeit haben. Darunter fallen
- Schenkungen von Energie und Flatrate-Modelle;
- Abrechnungen von reiner Parkzeit mit Hilfe von Parkuhren.
Anders verhält es sich, sobald während des Parkens die Möglichkeit besteht, ein Elektroauto aufzuladen. Wird dadurch beispielsweise in einem Parkhaus ein Parkplatz teurer als die übrigen Stellplätze, muss die Zeit wieder eichrechtskonform erfasst werden.
Die neue Ladesäulenverordnung
für nutzerfreundliche Bezahlsysteme
Die novellierte Ladesäulenverordnung ist bereits seit dem 1. Januar 2022 in Kraft. Die vorgenommenen Änderungen zielen darauf ab, eine bedarfsgerechte, nutzerfreundliche und interoperable Ladeinfrastruktur mit einem einheitlichen Bezahlsystem zu etablieren. Die wesentlichen Punkte der Novelle sind folgende:
- Ab dem 1. Juli 2023 müssen neu installierte Ladepunkte mit einer Schnittstelle für die Übermittlung von Standortinformationen und dynamischen Daten (z. B. Belegstatus und Betriebsbereitschaft) ausgestattet sein. Es besteht allerdings keine Pflicht, bestehende Ladesäulen nachzurüsten.
- Betreiber von öffentlich zugänglichen Ladepunkten müssen – entweder direkt am jeweiligen Ladepunkt oder in der unmittelbaren Umgebung – Möglichkeiten zur Authentifizierung für eine bargeldlose Zahlung sowie für einen kontaktlosen Zahlungsvorgang mit einem gängigen Debit- und Kreditkartensystem einrichten.
Das schließt nicht aus, weiterhin auch andere alternative Zahlungsmöglichkeiten (per App mit webbasierten Systemen, per QR-Code etc.) anzubieten. - Normalladepunkte, die ausschließlich über fest angebrachte Ladekabel verfügen, dürfen nach der neuen Verordnung errichtet werden. Gleichzeitig wird der Anwendungsbereich der Ladesäulenverordnung auf Nutzfahrzeuge ausgeweitet.
- Das Zeitfenster für die Anzeigepflicht neuer Ladesäulen bei der Bundesnetzagentur wurde deutlich vergrößert. Musste die Meldung bislang mindestens vier Wochen vor dem Aufbau vorliegen, haben die Betreiber jetzt bis spätestens zwei Wochen nach der Inbetriebnahme Zeit.
Zahlungsoptionen an öffentlichen Ladepunkten
Korrekte Abrechnungen
in verschiedenen Szenarien
Ladestationen kommen in vielen Umgebungen zum Einsatz. Ob eine Ladeeinrichtung am Einfamilienhaus für den privaten Gebrauch installiert ist oder im Mehrfamilienhaus einer größeren Anzahl von Nutzern zur Verfügung steht, macht hinsichtlich der Anforderungen an die Verbrauchserfassung und Abrechnung erhebliche Unterschiede.
Was in allen Anwendungsfällen jedoch gilt: Grundlage für die Abrechnung sind eichrechtkonforme Ladelösungen. In Normalladesäulen sind eichkonforme Zähler gemäß der Eichrechtsverordnung bereits seit 2018 verpflichtend.
Wie genau die Abrechnung funktioniert, hängt allerdings von unterschiedlichen Faktoren ab. Je nach Szenario sind die Modelle daher einfacher oder komplexer. Die nachfolgenden Anwendungsbeispiele beziehen sich auf die private Nutzung.
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Anschluss der Ladeeinrichtung am Wohnungszähler
Bei einer Ladeeinrichtung, die am Wohnungszähler angeschlossen ist, erfolgt die Abrechnung über den geeichten Haushaltszähler. Die Kosten werden nach dem Hausstromtarif berechnet.
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Anschluss der Ladeeinrichtung mit separatem Stromzähler des Energieversorgers
Ist die Ladestation mit einem separaten, geeichten Stromzähler des Energieversorgers versehen, wird die bezogene Energiemenge darüber direkt mit dem Versorger abgerechnet.
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Anschluss der Ladeeinrichtung an den Allgemeinstrom
In diesem Anwendungsfall gibt es zwei mögliche Varianten:
- Verfügt die Ladestation über einen separaten Zähler, wird wie im oben beschriebenen Szenario der Ladestrom direkt mit dem Energieversorger abgerechnet.
- Sofern die Ladeeinrichtungen mit jeweils eigenen, MID-konformen Stromzählern ausgestattet sind, kann die bezogene Strommenge eindeutig nach den einzelnen Nutzern aufgeschlüsselt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die vorhandenen Ladepunkte ebenfalls eindeutig den jeweiligen Nutzern zugeordnet werden können.
Die Abrechnung kann dann zum Beispiel über die Hausverwaltung erfolgen, wie es etwa bei der Nebenkosten-Verbrauchsabrechnung auch geschieht.
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Gemeinschaftliche Nutzung einer Ladeeinrichtung
Bei einer gemeinschaftlichen Nutzung von einer oder mehreren Ladestationen – zum Beispiel in Wohnanlagen – ist es notwendig, dass die Strommessung nachvollziehbar ist und zurückverfolgt werden kann. Unter diesen Umständen ist ebenfalls eine eichrechtskonforme Abrechnung erforderlich. Für die Zuordnung der bezogenen Ladestrommengen werden üblicherweise RFID-Karten verwendet, die eine eindeutige Authentifizierung der einzelnen Nutzer erlauben.
Etwas anders verhält es sich, wenn in einer Wohnanlage der Eigentümer beziehungsweise Vermieter zugleich der Betreiber der Ladestation ist und es sich bei den Verbrauchern um die Mieter handelt. Unter diesen Voraussetzungen kann die Abrechnung als Direktverkauf erfolgen. Ausreichend sind dann MID-konforme Stromzähler und die Möglichkeit der eindeutigen Zuordnung von Ladestrom und Nutzer durch eine Authentifizierung. -
Sonderfall: Abrechnung des Ladens von Dienstfahrzeugen an der privaten Ladestation
Auch wenn das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) den flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität vorantreiben soll und KfW-Förderprogramme für Unternehmen und Kommunen vor allem für halböffentliche und öffentliche Ladestationen finanzielle Anreize bieten: In vielen Fällen wird das Elektroauto zu Hause an der privaten Wallbox aufgeladen.
Handelt es sich bei dem E-Auto um ein Dienstfahrzeug, das der Arbeitgeber bereitstellt, ergibt sich daraus ein Sonderfall für die Abrechnung des Ladestroms. Denn unter den genannten Umständen ist eine Rückerstattung der Stromkosten an den Arbeitnehmer möglich.
Die Messwerterfassung ist dann erforderlich, wenn es um eine genaue Versteuerung von Kosten außerhalb der geltenden Pauschalbeträge geht. Die technische Voraussetzung hierfür ist die Installation einer kommunikativen Ladestation im Haushalt des Arbeitnehmers.
Ein komplexes Messsystem ist hierzu nicht notwendig, denn rechtlich betrachtet stehen steuerliche Aspekte im Vordergrund. Das bedeutet: Die energierechtlichen Anforderungen, die das Mess- und Eichrecht in Bezug auf die Abrechnung von Kilowattstunden ansonsten stellt, kommen im hier beschriebenen Fall daher nicht zur Anwendung.
Gegebenenfalls sind jedoch die Bestimmungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) einzuhalten, wenn beim Aufladen des Elektrofahrzeugs eine Lieferung von PV-Strom an Dritte vorliegt. Dann sind weitere Anforderungen zu beachten, die die Dokumentation und die Datenerfassung betreffen. Es ist daher sinnvoll, sich von Fachleuten in steuerlichen und technischen Aspekten eingehend beraten zu lassen.